Künstliche Intelligenz übertrifft klinische Tests bei der Vorhersage des Fortschreitens der Alzheimer-Krankheit.
Wissenschaftler aus Cambridge haben ein Tool auf Basis künstlicher Intelligenz (KI) entwickelt, das vorhersagen kann, ob Menschen mit frühen Anzeichen von Demenz stabil bleiben oder Alzheimer entwickeln. In vier von fünf Fällen ist dieses Tool genau.
Dieser neue Ansatz könnte den Bedarf an teuren und invasiven Tests verringern und so die frühen Behandlungsergebnisse verbessern. Frühe Interventionen, wie Änderungen des Lebensstils oder neue Medikamente, sind in dieser Phase am wirksamsten.
Demenz ist ein großes globales Gesundheitsproblem, das weltweit über 55 Millionen Menschen betrifft und jährlich Kosten von etwa 820 Milliarden Dollar verursacht. Man geht davon aus, dass sich die Zahl der Fälle in den nächsten 50 Jahren fast verdreifachen wird.
Die Alzheimer-Krankheit ist die Hauptursache für Demenz und für 60–80 % der Fälle verantwortlich. Für eine wirksame Behandlung ist eine frühzeitige Erkennung entscheidend, doch die aktuellen Methoden beinhalten häufig invasive oder kostspielige Tests wie Positronen-Emissions-Tomographie (PET)-Scans oder Lumbalpunktionen, die nicht immer verfügbar sind.
Aufgrund dieser Einschränkungen kann es bei bis zu einem Drittel der Patienten zu einer Fehldiagnose oder einer zu späten Diagnose für eine wirksame Behandlung kommen.
Ein Team der Psychologieabteilung der Universität Cambridge hat ein maschinelles Lernmodell entwickelt, um vorherzusagen, wie schnell bei Personen mit leichten Gedächtnisproblemen Alzheimer entsteht. Ihre in der Zeitschrift eClinicalMedicine veröffentlichte Forschung zeigt, dass dieses Modell genauer ist als aktuelle klinische Diagnoseinstrumente.
Die Forscher erstellten ihr Modell mithilfe kostengünstiger, nichtinvasiver Daten von über 400 Personen einer US-amerikanischen Forschungskohorte. Dazu gehörten kognitive Tests und MRT-Scans, die eine Hirnatrophie zeigten.
Anschließend testeten sie das Modell mit Echtdaten von 600 weiteren Teilnehmern in den USA und 900 Personen aus Gedächtniskliniken in Großbritannien und Singapur.
Der Algorithmus konnte zwischen Menschen mit stabilen leichten kognitiven Beeinträchtigungen und solchen unterscheiden, die innerhalb von drei Jahren an Alzheimer erkranken würden. Er identifizierte Personen, die Alzheimer entwickeln würden, in 82 % der Fälle richtig und diejenigen, bei denen dies nicht der Fall wäre, in 81 % der Fälle, und zwar nur anhand von kognitiven Tests und MRT-Scans.
Dieser Algorithmus war etwa dreimal genauer als aktuelle Methoden und verringerte die Wahrscheinlichkeit einer Fehldiagnose.
Mithilfe dieses Modells konnten die Forscher Alzheimer-Patienten in drei Gruppen einteilen: diejenigen, deren Symptome stabil blieben (etwa 50 %), diejenigen, deren Krankheit langsam fortschritt (etwa 35 %) und diejenigen, deren Krankheit schnell fortschritt (die restlichen 15 %).
Diese Vorhersagen wurden anhand von Nachbeobachtungsdaten über sechs Jahre hinweg bestätigt. Diese frühe Erkennung ist entscheidend für die Anwendung neuer Behandlungen und die genaue Überwachung schnell fortschreitender Patienten.
Bei den 50 %, deren Symptome stabil bleiben, lässt das Modell vermuten, dass ihre Probleme andere Ursachen haben könnten, etwa Angstzustände oder Depressionen, und dass sie einen anderen klinischen Behandlungsverlauf verfolgen könnten.
Professor Zoe Kourtzi von der Universität Cambridge sagte: „Wir haben ein Tool entwickelt, das nur kognitive Tests und MRT-Scans verwendet, aber genauer als aktuelle Methoden vorhersagt, ob und wie schnell bei einer Person Alzheimer auftreten wird.“
„Dies kann die Patientenversorgung erheblich verbessern, indem es zeigt, wer einer genauen Überwachung bedarf, und die Angst derjenigen lindert, deren Zustand voraussichtlich stabil bleibt. Es reduziert auch den Bedarf an unnötigen Tests.“
Der Algorithmus wurde mit Daten von fast 900 Personen aus Gedächtniskliniken in Großbritannien und Singapur validiert und zeigte, dass er in realen klinischen Umgebungen eingesetzt werden kann.
Dr. Ben Underwood, ehrenamtlicher Psychiater am CPFT und Assistenzprofessor an der Universität Cambridge, betonte, wie wichtig es sei, die Unsicherheit hinsichtlich Gedächtnisproblemen bei älteren Menschen zu verringern, die zu Sorgen und Frustration führen können.
Professor Kourtzi betonte, dass bessere Instrumente zur Bekämpfung von Demenz erforderlich seien, um die Krankheit frühzeitig zu erkennen und zu behandeln. Das Team möchte sein Modell auf andere Formen von Demenz und verschiedene Arten von Daten wie Bluttestmarker ausweiten.
„Unser Ziel ist es, unser KI-Tool so zu erweitern, dass es Klinikern hilft, den richtigen Patienten zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Diagnose- und Behandlungspfade zuzuweisen“, sagte Professor Kourtzi. „Dies kann die Entdeckung neuer Medikamente zur Behandlung von Demenz beschleunigen.“
Informationsquelle:
Robuster und interpretierbarer KI-gesteuerter Marker zur frühen Demenzvorhersage in realen klinischen Umgebungen. [eClinicalMedicine (2024)]. DOI: 10.1016/j.eclinm.2024.102725
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